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29.08.2010, 06:00    

Bankensystem reloaded

von Phillipp Hersel
Seit der Gründung vor zehn Jahren ist die demokratische Kontrolle der Finanzmärkte ein Leitmotiv von Attac. Spätestens die Finanzkrise der vergangenen Jahre sollte jedem klar gemacht haben, wie dringend eine solche Kontrolle ist. Die bislang vorherrschende neoliberale Annahme, Banker würden schon im eigenen Interesse keine für die Banken Existenz bedrohenden Risiken eingehen, stellte sich für alle vernunftbegabten Zeitgenossen als naiv und verantwortungslos heraus. Wenn also eine Kontrolle der Banken aus Sicht des Gemeinwesens unumgänglich ist, wie könnte sie aussehen und wer soll sie wie ausüben?
Als ersten Schritt müssen die Banken per Gesetz auf ihre gesamtwirtschaftlichen Kernfunktionen zurechtgestutzt werden. Das sind erstens die Abwicklung des Zahlungsverkehrs, zweitens das Einlagengeschäft, um den Menschen sichere Möglichkeiten zur Bildung von Ersparnissen anzubieten, und drittens die Finanzierung gesamtwirtschaftlich und gesellschaftlich sinnvoller öffentlicher und privater Investitionen (kurz: ZEF-Geschäfte).
In Deutschland hat es vor allem den privaten Geschäftsbanken und den Landesbanken an demokratischer Kontrolle gemangelt. Dort sind nicht nur die höchsten Verluste zu verzeichnen. Diese beiden Bankengruppen haben sich auch am stärksten von den ZEF-Kernfunktionen entfernt.
Die Sparkassen und die Volks und Raiffeisenbanken haben sich hingegen deutlich besser bewährt. Zum einen deshalb, weil sie in ihren Satzungen stärker auf ZEF-Geschäfte in ihrer Region beschränkt sind und bei den meisten Sparkassen sogar eine Gemeinwohlorientierung explizit verankert ist. Zum anderen, weil die Kontrollgremien dieser beiden Banktypen deutlich breiter zusammengesetzt sind als die der Privatbanken.
Bankensystem reloaded   Bankensystem reloaded
Um ihre Kernfunktionen zuverlässig zu erfüllen, brauchen die Banken eine seriöse ökonomische Grundlage. Nur Banken ohne toxische Wertpapiere und andere Bilanzleichen im Keller können ihrer Finanzierungsfunktion nachkommen und ihren Kunden sichere Einlagen bieten. Ein Neuanfang im Bankensektor erfordert daher eine konsequente Offenlegung der Bilanzen. Die meisten Geschäfts und Landesbanken dürften einen derartigen Offenbarungseid auf Grund ihrer noch unverdauten Risiken und Verluste allerdings kaum überleben. Soweit möglich sollten sie dann per Insolvenz aus dem Leben scheiden. Leider wäre die Pleite vieler Geschäfts und Landesbanken aber wegen ihrer Größe und Verflechtung eine Bedrohung für die Realwirtschaft. In solchen Fällen müssen sie notgedrungen staatlich gestützt und in öffentliches Eigentum überführt werden.
In Zukunft könnte die Bankenlandschaft dann wie folgt aussehen:
Auf lokaler Ebene gibt es nur noch Sparkassen einerseits und Volks- und Raiffeisenbanken andererseits. Auf der überkommunalen Ebene werden aus den (in die öffentliche Hand überführten) Geschäftsbanken und den glücklosen Landesbanken neue Spar-Regional-Kassen beziehungsweise Volks-Regional-Banken geformt. Diese Regionalinstitute werden nach dem Vorbild der Sparkassen und Volksbanken auf ZEF-Finanzdienstleistungen für Großkunden (zum Beispiel Großunternehmen, Gebietskörperschaften, Sozialversicherungsträger) beschränkt. Ob lokal oder regional: Die Kontrollorgane (Verwaltungs und Aufsichtsräte) der Banken sind in ihren Kompetenzen zu stärken und personell durch Vertreter gesellschaftlicher Organisationen wie Gewerkschaften, Umweltverbände, Verbraucherschützer, soziale Einrichtungen und Bewegungen zu erweitern. Die Mitglieder der Kontrollorgane müssen eine demokratische Legitimation haben, gegebenenfalls durch direkte Wahl.
Demokratische Kontrolle ist auf engagierte Bürgerinnen und Bürger mit Durchblick angewiesen. Voraussetzung dafür ist eine breit angelegte Aufklärung der Bevölkerung über die Grundlagen des Wirtschafts und Finanzsystems. Wie es zu Recht eine Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung und Millionenausgaben für die AIDS-Prävention gibt, so wäre unsere Gesellschaft gut beraten, viel Geld in die Aufklärung über die Risiken unkontrollierter Finanzmärkte zu investieren. Auch wenn sie auf ihre Kernfunktionen zurückgestutzt sind – man kann die demokratische Kontrolle der Banken nicht allein Parlamenten und Parteien überlassen. Nicht nur Attac sollte sich daher auf eine künftige Mitwirkung in den Kontrollgremien der Banken vorbereiten.
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  • 29.08.2010
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Mit dem Umverteilungspaket hat Attac ein Gegenkonzept zum Sparpaket der Bundesregierung auf den Tisch gelegt. Schwarz-Gelb will die Kosten der Finanzkrise den Schwächsten in der Gesellschaft aufbürden. Den geplanten Sozialabbau rechtfertigt sie mit seiner angeblichen Alternativlosigkeit. Wir zeigen, dass es sehr wohl anders geht – vorausgesetzt, der politische Wille ist da.

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